Ich bin ausnahmsweise montags in der Kita, um etwas vorzubereiten, normalerweise ist freitags Erzählzeit. Ich erzähle den Kindern biblische Geschichten, singe und bete mit ihnen. Im großen Saal begegne ich Heiner Nondorf, der an Montagen vormittags und an Donnerstagen nachmittags in unserem Kindergarten in der Emil-Peters-Straße kommt. Wir sprechen miteinander.
Heiner Nondorf erzählt mir von seinen weiteren Aktivitäten, außer in der Kita sei er im Fußballverein zuständig, dort für die UHU des Post TSV Detmold (UHU steht für unter hundert Zuschauer). Mit der Jugendabteilung sei ein Freundschaftsspiel zwischen den Minikickern und den UHU-Oldies in Planung: man denke generationenübergreifend und setze auf ein wertschätzendes Miteinander. „Auch unsere jugendliche Fantruppe darf gerne lautstark, trommelnd und fahneschwenkend anspornen; Schmährufe, Zündeleien, oder das Vermummen sind No-gos. Fans unseres Vereins zeigen Gesicht, Respekt und Fair Play.“
Mich beeindruckte diese klare Haltung und ich wollte mehr wissen. Heiner Nondorf führte aus, dass es ihn bedrücke, wenn junge Menschen erleben, wie mit Macht und Geld ausgestattete Egoisten, Rechtsbrecher, Despoten und Diktatoren vorbildhaftes Verhalten wie Achtung, Toleranz, Rücksichtnahme oder Fürsorglichkeit verächtlich machten und bekämpften. Zum Aufbau eines mitmenschlichen Wertesystems bräuchten junge Menschen soziale Vorbilder und keine zerstörerischen Trugbilder.
„Ich will und werde meine Überzeugungen von Anstand, Offenheit, Unterstützung und Gemeinschaft mit altersmöglicher Energie humorvoll, fröhlich und mit Zuversicht gegenüber den Kindern zum Ausdruck bringen, um vielleicht sogar im Kleinen ein Vorbild zu sein. Ein sozialer Verhaltens- und Wertekompass kann positiv charakterprägend wirken.“
„Wer sind oder waren denn Ihre Vorbilder?“ möchte ich von Heiner Nondorf wissen. „Ich erinnere mich erstaunlich genau an meine erste Grundschullehrerin.“ „Was war an ihr vorbildhaft?“, frage ich nach. „Ich empfand sie als warmherzig, zugewandt, lustig, gerecht und zuweilen mit liebevoller Strenge auch Grenzen setzend. Mir fällt auch ein Fußballverein ein, als ich C-Juniorenspieler war. Alle Kinder kamen zu ihrem Einsatz, niemand schmorte dauerhaft auf der Ersatzbank. Ein solches Teamverständnis machte mir Mut und stärkte mein Selbstvertrauen. Auch im Studium, während meines Zivildienstes und im Rahmen meiner Tätigkeit als Lehrer habe ich viele Menschen als Vorbilder wahrgenommen.“
„Wie kamen Sie eigentlich zu uns in die Kita?“ frage ich. Heiner Nondorf erzählt, dass er leidenschaftlich gern Lehrer gewesen sei, nach zwei Anwärterjahren in Bottrop, 28 Jahre an der Irmela-Wendt-Schule mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Lage-Pottenhausen und anschließend noch sieben Jahre im Gemeinsamen Lernen an der Grundschule Kirchplatz in Schötmar eine tolle Zeit hatte.
Bei uns in der Kita ist Heiner Nondorf seit Mitte Oktober 2022. Er hatte sich bei der Bürgerstiftung Detmold gemeldet, wolle sich gerne noch freiwillig im Bereich der kindlichen Sprachbildung einbringen. Und die Bürgerstiftung hat ihn dann an unsere Kita „Senfkorn“ vermittelt.
„Ich komme sehr gerne zum Kindergarten und fühle mich pudelwohl“, sagt Heiner Nondorf. Und umgekehrt ist Heiner Nondorf in unserer Kita gern gesehen. Kristin Dreier sagt über ihn: „Er ist unser guter Geist. Er ist wirklich ein Geschenk für uns! Alle Kinder wollen zu ihm an seinen Tagen und er schenkt allen ein ehrliches Lächeln. So eine Person trifft man nicht häufig im Leben und ich bin mir ganz sicher, dass die Kinder ihn als Vorbild haben!“
Was macht Heiner Nondorf denn nun in der Kita „Senfkorn“ genau? Heiner Nondorf bereitet für die Kinder kleine Angebote an Liedern, Sprechversen, einfachen Konstruktionsspielen und Bauaufgaben mit Legosteinen vor. Auch Alltagsutensilien und Bilderbücher kommen zum Einsatz. Gemeinschaftliches Tun ohne rivalisierende Ausrichtung, das ist ihm sehr wichtig. Und natürlich das muntere Miteinander-Sprechen und Singen.
Wenn ich mal zufällig in so eine ‚Zusammenkunft‘ der Kinder mit Heiner Nondorf ‚platze‘, erlebe ich eine ruhige, achtsame und wohltuende Atmos-
phäre. Da möchte man sich direkt dazusetzen.
„Wohin darf ich den Artikel schicken, dass Sie ihn nochmal Korrektur lesen?“, frage ich Heiner Nondorf zum Schluss und habe den Stift schon gezückt für die E-Mail-Adresse. „Ich bin nur noch analog unterwegs“, sagt Heiner Nondorf und nennt mir seine Anschrift. „Gut“, sage ich, „dann drucke ich den Artikel aus und werfe ihn Ihnen in den Briefkasten.“
Dann zeigt mir Heiner Nondorf noch verschmitzt lächelnd sein ‚Handy‘. Es ist vollständig aus Lego und der Klingelton kommt von einer kleinen Glocke. Das Handy hat auch einen Abwehrarm, „was ich nicht hören will – Schimpfworte und ähnliche Dinge –, wehrt der ab“, sagt Heiner Nondorf. „Das verstehen die Kinder gut“, fügt er noch hinzu.
Ich kann es mir sofort vorstellen und denke dankbar: wie gut, dass Heiner Nondorf sich ehrenamtlich in unserer Kita engagiert. Mein Eindruck ist: er ist ein großartiges Vorbild für unsere Kinder.
Das Gespräch führte Christa Willwacher-Bahr im April 2025.