Die Glocken vom Kirchturm läuten und laden ein zum Gottesdienst. Gäste in feierlicher Kleidung betreten die Kirche und warten auf das Paar. Schließlich klingt von der Orgel ein feierlicher Marsch. Die Gemeinde erhebt sich und das Hochzeitspaar zieht gemeinsam mit dem Pfarrer ein. Ein Gänsehautmoment für alle Beteiligten! Musik, Eheversprechen, wohlgeformte Worte der Pfarrerin bzw. des Pfarrers und später dann die große Feier mit Familie und Freunden.
„Sehen die beiden nicht glücklich aus“, ist hier und da zu hören.
So beginnen bis heute viele Ehen. Glücklich können viele später auf 25, 50, 60 oder selten auch mal mehr Ehejahre zurückschauen. An was erinnert man sich? Was ist wichtig geworden? Gibt es ein Rezept für das Gelingen eines solchen gemeinsamen Zeitraums?
Ich habe als Pfarrer ein Ehepaar besucht und diese Fragen gestellt. Da beide nicht unbedingt namentlich erwähnt werden möchten, nenne ich Sie in diesem Artikel Frau und Herr B.
Frau und Herr B, am 2. Mai dieses Jahres haben Sie Ihr großes Jubiläum gefeiert – Goldene Hochzeit. Wie war das?
Frau B.: Für uns war klar, dass wir das feiern wollen und nicht nur für uns. Es war ein großartiges Fest mit vielen Menschen, die seit Jahren zu uns gehören: Kinder, Enkel, Familie, Freunde. Es waren wohl 40 Gäste, die mit uns gefeiert haben und für manche Überraschung gesorgt hatten. Der Tag war aufgeteilt: Zur Mittagszeit waren wir in unserem Lieblingsrestaurant, wo wir uns schon lange wohl fühlen und wir seit Jahren verwöhnt werden. Für den Nachmittag und Abend hatten wir unser Haus und unseren Garten vorbereitet. Die Kaffeetafel mit unserem schönen und besten Geschirr gedeckt. Auch hier zu Hause zu feiern, wo wir uns wohlfühlen, war uns wichtig. Mein Mann hat noch einmal die weiße Fliege getragen, die ihn schon vor 50 Jahren geschmückt hat.
Gibt es von dem Hochzeitstag vor 50 Jahren außer der Fliege noch anderes, dass Sie aufbewahrt haben?
Frau B. zeigt mir ein Hochzeitsfoto in ihrem Hochzeitskleid mit ihrem Mann am Arm und erzählt: Das Kleid habe ich selber entworfen. Ich hatte den Stoff dafür in Hamburg gesehen und hatte gleich ein Bild vor dem Auge, wie es aussehen soll. Später hat auch meine Tochter darin geheiratet. Bis heute bewahre ich es auf.
Erzählen Sie etwas mehr zu dem Tag vor 50 Jahren.
Frau B.: „Wir haben im Heimatort meines Mannes geheiratet. Er ist katholisch, ich evangelisch. Auch wenn das vor 50 Jahren manches Mal auf Widerstände stieß, haben unsere Familien, aus denen wir kamen, das akzeptiert. Es wurde eine wunderschöne ökumenische Trauung.
Herr B.: Der Organist war einer meiner Freunde. Ich habe ihm von meiner Vorliebe für die Beatles erzählt. Und das hat er am Ende des Gottesdienstes eingebaut. „All you need is love“ und „A hard days night”. Alle blieben sitzen und waren sehr überrascht von der ungewöhnlichen Musik in einem Gottesdienst. Wir haben es sehr genossen. Eine Hochzeitsreise haben wir nicht unternommen, da wir beide gleich nach der Hochzeit wieder arbeiten mussten. So haben wir auch nicht gleich zusammen gewohnt.
Wie haben Sie sich kennengelernt?
Herr B.: Bei der Riverboat-Shuffle der ev./kath. Studentengemeinde auf der Ihme in Hannover. Ein Boot, eine Band, gute Stimmung, das war der Rahmen.
Frau B.: Im Laufe des Abends wurde mir kalt und ich ging rein. Und irgendwann legte mir jemand seine Jacke um die Schultern. Käse und Knabbereien hatte er noch dabei. Und so wurde es ein schöner Abend, an dessen Ende er mich fragte, ob ich ihn am kommenden Tag zur Verlobungsfeier einer Kommilitonin begleiten würde. Erst war ich zögerlich. „Was soll ich da?“ habe ich mir gedacht. Ich habe dennoch Ja gesagt. Am nächsten Tag war es dann geschehen um uns. Wir hatten bis zum Examen noch eine schöne gemeinsame Studentenzeit in Hannover für uns.
Und dann folgten über 50 Jahre gemeinsamer Lebensweg. Was ist Ihnen wichtig geworden auf dem Weg?
Frau B.: Als erstes natürlich unsere beiden Töchter, die wir bekommen haben. Den Hut bei der Begleitung und Erziehung hatte schon ich auf. Selber als eine von drei Geschwistern aufgewachsen, konnte ich mich da vielleicht oft besser in die Kinder hineinversetzen, wann was einfach dran war. Mein Mann war Einzelkind und war da eher der strengere Typ.
Herr B.: Ich habe es aber auch genossen, in meiner Freizeit mit den beiden allein etwas unternehmen zu können.
Frau B.: Und dann natürlich im Laufe der Zeit die Familien mit unseren vier Enkelkindern, die entstanden sind. Wir genießen die Zeit mit ihnen. Also: die Familie und unsere Freunde sind uns wichtig geworden.
Wir reisen auch gerne und das muss auch gar nicht die große Fernreise sein, auch wenn wir schon über dreißig Mal in Griechenland waren. Da engagieren wir uns auch im Deutsch-Griechischen Freundeskreis. In den letzten Jahren haben wir für uns die Nord- und Ostsee wieder entdeckt. Und wir merken, dass uns dabei das Gleiche wichtig ist oder was uns auffällt: hier eine schöne Kirche, dort ein Kunstwerk und da das einladende Café. Wir können nach wie vor sehr schön zusammen verreisen. Besonders wichtig ist uns aber auch unser Haus und Garten geworden, wo wir 1982 eingezogen sind. Wir lieben es, den Garten zu gestalten. Das verbindet uns auch sehr.
Gibt es ein Rezept für das Gelingen einer langjährigen Ehe?
Herr B.: Nein, das gibt es, glaube ich, nicht. Das ist individuell sehr unterschiedlich. Die Umstände, die man erlebt, spielen eine riesige Rolle. Ich möchte sagen, dass wir an vielen Stellen Glück gehabt haben: Zur richtigen Zeit haben sich Dinge ergeben und gefügt. Das wissen wir heute im Rückblick und dafür sind wir sehr dankbar.
Frau B.: Ich möchte hinzufügen: Verlässlichkeit. Ich konnte mich immer auf meinen Mann verlassen. Egal was es war. Ich glaube, ohne Verlässlichkeit geht es nicht. Außerdem hat es sich bewährt, dass man sich einen Freiraum lässt für Aktivitäten, die jedem einzelnen wichtig sind.
Vielen Dank für das Gespräch und die Offenheit mir gegenüber. Noch viele gemeinsame schöne Jahre mit kostbaren Momenten wünsche ich Ihnen.
Lars Kirchhof

Pfr. Lars Kirchhof
Tel. 05231 3027665
E-Mail: l.kirchhof@detmold-lutherisch.de