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Rituale des Übergangs — die kirchliche Trauung

„Hans, willst du Grete zur Frau haben?“ „Grete, willst du Hans zum Mann haben?“ Ich muss schmunzeln, wenn ich lese, was für simple Worte vor 500 Jahren Martin Luther einst vorgeschlagen hat für die Gestaltung der Trauung in der neu sich bildenden evangelischen Kirche. All die Formulierungen, die einer Trauung in unseren Ohren ihren festlichen Klang verleihen, und die darum bei der Hochzeit in der Kirche für uns einfach dazu gehören – sie fehlen. Nichts von „Lieben und Ehren“, kein „bis der Tod euch scheidet“ – und selbst das berühmte „in guten und in bösen Tagen“ kommt nicht vor…

Tatsächlich war zu Luthers Zeit die Feier von Trauung und Hochzeit noch im Werden. Rechtsgültig verheiratet zu sein, das war bis dahin vielerorts sowieso ein Privileg des Adels und der wohlhabenden Bürger in den Städten gewesen – also derer, die etwas besaßen und etwas zu vererben hatten, und die darum Wert darauf legten, ehelich legitimierte Nachkommen in die Welt zu setzen. Mit der Reformation ändert sich das. Luther entdeckt die Ehe als den wahrhaft „göttlichen Stand“ und preist sie nun gewissermaßen die „Ehe für alle“ – im Gegensatz zum „menschengemachten“ Zölibat – als die in seinen Augen am meisten erstrebenswerte und heiligste Form des menschlichen Zusammenlebens. Die Ausgestaltung der Eheschließung als „weltlich Ding“ belässt er dabei im Prinzip der Obrigkeit, bietet dabei aber die Mithilfe der Kirche an. Das ist gut, denn noch gibt es ja auch keine eigenen Standesämter. Wie schon vorher in vielen mittelalterlichen Städten üblich, ist es vielmehr auch in den evangelischen Städten und Territorien weiterhin der Pfarrer, der – in der Regel vor der Kirchentüre – die Traufragen stellt, um den Willen zur Ehe bei Braut und Bräutigam festzustellen, die beiden dann den Ringwechsel vornehmen lässt und ihre Hände ineinander legt, um schließlich mit den Worten Jesu „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“ die Eheleute „zusammenzusprechen“. Von da an gelten Braut und Bräutigam rechtlich gesehen als verheiratet. Dieser Rechtsakt soll vor der Kirche, also in aller Öffentlichkeit stattfinden (das ist der Grund, warum viele alte Kirchen noch sogenannte „Brautpforten“ haben). Danach erst – so Luthers Vorschlag – zieht die Hochzeitsgesellschaft dann in die Kirche ein, wo der Pfarrer die frischgebackenen Eheleute schließlich am Altar segnet.  

Foto des Portals der Kirche St. Peter und Paul
Ein Brauttor, Westportal der Stadtkirche St.Peter und Paul in Görlitz.

Dieser Dreiklang aus Traufragen, Ringwechsel und abschließender Segnung bildet bis heute den Kern fast jedes Traugottesdienstes. Die beiden ersten Punkte könnten dabei eigentlich wegfallen, schließlich sind seit nunmehr 150 Jahren in Deutschland die Standesämter dafür zuständig, den sogenannten Ehekonsens festzustellen und die Ehe rechtsgültig zu schließen. Sache der Kirche wäre es dann nur noch, mit und für die frisch getrauten Eheleute zu beten und ihnen Gottes Segen zuzusprechen. Aber natürlich wollen eigentlich alle Brautpaare, die kirchlich getraut werden wollen, auch die Traufrage beantworten, die vielleicht auch deshalb heute so viel feierlicher klingt als zu Luthers Zeiten, um sie von der schlichten Frage des Standesbeamten abzugrenzen. Oder sie wählen stattdessen die Möglichkeit, sich gegenseitig das Eheversprechen zu geben:

„Ich nehme dich als meine Ehefrau/meinen Ehemann aus Gottes Hand.

Ich will dich lieben und achten, dir vertrauen und dir treu sein.

Ich will dir helfen und für dich sorgen,

will dir vergeben, wie Gott uns vergibt.

Ich will zusammen mit dir Gott und den Menschen dienen.

Solange wir leben.

Dazu helfe mir Gott.“ 

Bild einer kirchlichen Trauung durch Frank Erichsmeier

Diese Form mag ich auch als Traupastor besonders gerne. Mann und Frau wenden sich dabei einander zu, sie geben sich beide Hände und schauen sich gegenseitig an, sind dabei so unglaublich aufgeregt und zugleich voll strahlender Freude. Fast immer kommt es dann im Versprechen auch irgendwo zu einem Versprecher, auch wenn ich den beiden alles Satz für Satz vorspreche, aber das macht auch gar nichts – vielleicht ist es sogar gerade gut so, gibt das doch diesem absoluten Gänsehautmoment zugleich auch einen Hauch Leichtigkeit, vielleicht ein Lachen. An diesem Moment an so entscheidender Stelle dabei sein zu dürfen, Menschen helfen zu dürfen, so Ihr Glück miteinander zum Ausdruck zu bringen, das macht mich selbst immer wieder glücklich, auch nach 21 Jahren Dienst als Pastor.

In aller Regel habe ich bis zu diesem feierlichen Augenblick – symbolisch gesprochen – schon einen kleinen Weg mit den beiden zurückgelegt. Mindestens zweimal treffe ich mich mit dem Brautpaar, das erste Mal oft schon viele Monate vor, das zweite Mal etwa vier Wochen vor dem großen Tag. Natürlich gibt es viel Organisatorisches zu besprechen und zu klären – dafür muss genug Zeit sein. Und natürlich möchte ich das Paar, das ich trauen darf, auch kennenlernen. Wie haben sie sich eigentlich gegenseitig gefunden? So unterschiedlich, wie wir Menschen nun einmal sind, sind auch da die Antworten. Manche Paare erzählen mir da spannende Geschichten, richtige love stories – andere sind nach wenigen Minuten mit ihrer Kennenlernstory fertig… Auch deshalb habe ich mir angewöhnt, die Paare auch nach ihren Träumen zu fragen. „Wie stellt Ihr Euch Euer Leben in sieben Jahren vor? Wen Ihr drei Wünsche frei hättet für Eure Zukunft – welche wären das?“ Manchmal schreiben mir meine Brautpaare die auf, geben sie mir mit, und ich lege die Zettel dann in meine grüne Agende – das Buch, mit dem die Kirche den Rahmen der Trauung geordnet hat, und das ich auch bei jeder Trauung verwende, auch wenn ich die Traufrage bzw. das Trauversprechen längst auswendig kann… Wenn ich dann am Ende der Trauung bete und den Segen über den Eheleuten spreche, denke ich noch einmal daran, was sie mir anvertraut haben.

Menschen sind unterschiedlich, und so kann auch die Gestaltung der Trauung ganz unterschiedlich ausfallen. Besonders musikalisch ist vieles möglich: Orgelmusik ist nicht gleich Orgelmusik, unsere Organistinnen und Organisten sind außerdem alle vielseitig und bereit, auch außergewöhnliche Wünsche zu erfüllen, wenn ich sie im Namen des Brautpaares früh genug daraufhin anspreche. Ja, statt eines Präludiums von Bach kann auch eine Improvisation über den Lieblingssong erklingen – und es muss auch überhaupt nicht immer die Orgel sein… Wichtig ist mir, dass die beiden, die sich da trauen (lassen), sich darauf einlassen, dass sie am Tag ihrer Trauung mit ihrer Geschichte, mit ihren Träumen und Sehnsüchten, mit ihrem ganz festen Wunsch, für immer zusammen zu bleiben, eintreten in den Wirkungsbereich eines andern, eines Gegenübers: dass sie sich darauf einlassen, Gott zu begegnen. Darum wünsche ich mir (und ja, manchmal kämpfe ich auch mit der Braut darum), dass schon der Einzug mehr ist als nur „der ganz große Auftritt der Braut“. Klar darf sie schön sein, und es darf auch für sie schön sein (wenn es denn unbedingt sein muss, auch an der Hand ihres Vaters…) die Kirche an diesem großen Tag als letzte zu betreten. Aber es sollte dabei trotzdem etwas davon zu spüren sein – wie im ganzen Traugottesdienst -, dass wir gemeinsam zu einem kommen, der es gut mit uns meint: zu Gott, der uns geschaffen hat. Und dessen Güte daran sichtbar wird, dass immer wieder Menschen zueinander finden und erkennen: „Du – wir sind füreinander geschaffen. Ja, das glaube und spüre ich: der liebe Gott hat dich für mich gemacht – und ich weiß: mich hat er für dich gemacht. Und so will ich nun leben: mit dir und für dich, solange wir beide leben.“ Wenn eine Trauung dazu hilft, dass das zwei Menschen so zueinander sagen können und dann miteinander das Vertrauen haben, dass einer mit ihnen mitgeht, der ihnen hilft, nun so füreinander da zu sein – dann hat die Trauung Sinn.

Frank Erichsmeier

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