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Predigt zum Abschied von Pfarrerin Christa Willwacher-Bahr

2. S. n. Trinitatis 2025

2. S. n. Trinitatis 2025

Predigt über Jes. 55, 1-5

Was wollen Sie denn im Ruhestand machen, fragen mich die Leute. Sie können doch gar nicht ohne Arbeit. Insgeheim denke ich: ohne Arbeit kann ich vielleicht schon, aber kann ich ohne Anerkennung?

Anerkennung, Wertschätzung, Aufmerksamkeit, dafür sind wir bereit jede Menge ein zu setzen.

Bei den einen heißt die Währung Geld und die Rechnung geht so: haste was, dann biste was, siehe Promihochzeit Bezos / Sanchez in Venedig.

Bei anderen heißt die Währung Leistung. Mein Vater pflegte zu sagen: Bildung ist die beste Investition. Er meinte es nicht böse, aber es hatte dennoch fatale Auswirkungen: ich habe mich immer angestrengt, ihn nicht zu enttäuschen.

Bei wieder anderen heißt die Währung Gesundheit, Zeit…. und der Einsatz davon endet manchmal in Krankheit, auch das kenne ich. Für Anerkennung, Wertschätzung, Aufmerksamkeit sind wir bereit, jede Menge ein zu setzen.

Und – wir kriegen den Hals nicht voll. Man ist nie zufrieden. Übrigens, es ist interessant, dass Näfäsch, Seele, im hebräischen Hals, Kehle bedeutet. Um des lieben Seelenfriedens willen, schütten wir den Hals voll, aber wir kriegen ihn nicht voll.

Wilhelm Busch bringt es auf den Punkt:

Wonach du sehnlich ausgeschaut,

Es wurde dir beschieden.

Du triumphierst und jubelst laut:

Jetzt hab ich endlich Frieden!

Ach, Freundchen,

rede nicht so wild,

Bezähme deine Zunge!

Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt,

Kriegt augenblicklich Junge.

Auf gut biblisch heißt das, ich zitiere Jes. 55 2:

Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. / Und noch dazu ist alles gratis: (1) Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!.

Was nichts kostet, ist nichts, meldet sich gleich das Misstrauen in meinem Hinterkopf. Damals wie heute scheint das, was Gott gratis für uns im Angebot hat, nichts wert zu sein.

Jesaja wendet sich an seine Landsleute, Israeliten aus der Oberschicht, die zwar in der Verbannung lebten, in Babylon, fern der Heimat, fern von Tempel und heiligem Berg Zion, und damit fern der „verbrieften“ Gegenwart Gottes, aber sich nach einer Zeit der Verunsicherung in der Fremde ganz gut eingerichtet hatten: man lebte in eigens ausgewiesenen Wohngebieten in eigenen Häusern in relativem Wohlstand und Sicherheit. Längst richtete sich das Wünschen und Trachten nicht mehr auf Gott, sondern auf die Wahrung von Sicherheit, Wohlstand, Anerkennung und dafür war man bereit, viel ein zu setzen.

Damals wie heute, je mehr man verunsichert ist, desto mehr strampelt man, um sich zu versichern. Gegen Unfall und Katastrophen durch Versicherungen, gegen Krankheit durch gesunde Ernährung und Vorsorge, gegen Bedeutungsverlust durch Statussymbole oder zeitnahe Posts im Status… Das kostet Zeit, Kraft, Geld, Leistung…. und hört nie auf.

Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist … Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.

Den Hals nicht vollkriegen – den Hals vollkriegen, Seelenfrieden erlangen.

Das, was den Hals vollmacht, ist offenbar nichts Materielles, das durch den Mund geht, sondern etwas, das durchs Ohr geht – Worte.

Kann man von Worten sattwerden? Nein, kann man nicht und es wäre zynisch, jemand, der nichts im Magen hat, mit guten Worten ab zu speisen. Kann man von Worten sattwerden? Ja, und wie! Ich liebe dich, du bist das Beste, was mir passieren konnte, ich bin dir so dankbar, Schwamm drüber, wir sehen uns wieder, du bist mir eine treue Freundin, ich helfe dir… Das sind Worte, davon kann man zehren und die halten lange vor. Tatsache: Worte können sattmachen, das weiß jeder, der schon mal ein Buch verschlungen hat, ein gutes wohlgemerkt, kein seichtes; jeder, der verliebt war, weiß das, weil man vor lauter Schmetterlingen im Bauch nichts mehr essen muss.

Und die Bibel hat tatsächlich solche guten Worte parat: Worte, die von der Sehnsucht Gottes nach uns Menschen sprechen, davon, dass wir ihm so viel wert sind, dass er mit dem Leben seines Sohnes unsere Schuld bezahlt, damit wir gratis, ohne Gegenleistung, mit ihm befreundet sein können. Zuerst die Juden, sein auserwähltes Volk und dann durch den Juden Jesus Christus auch die Völker aus aller Herren Länder. Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, sagt Gott. Einen Gnadenbund, nichts anderes heißt ‚gratis‘ als Gnade.

Du Mensch, gesehen und wertgeschätzt bei Gott und das ist gratis. Ich bin evangelische Pastorin, weiß, wie sehr Martin Luther das ‚sola gratia‘ entlastet hat und belaste mich doch ständig wieder durch Leistungsansprüche… vielleicht ist das die größte Schwierigkeit, etwas an zu nehmen, ohne Gegenleistung zu bringen, geschenkt …. Dabei haben die besten Dinge im Leben kein Preisschild: die Sonne, das wogende Korn, die Geburt eines Kindes, der glitzernde Schnee, ein erfrischendes Bad im Meer, die Zuneigung, die Freundschaft, die Anhänglichkeit eines Haustieres… alles gratis, Geschenk von Gott an seine Menschenkinder.

Davon spricht die Bibel schon auf den ersten Seiten, im Schöpfungsbericht. Tatsache, vom Wort Gottes kann man leben, mit dem Wort Gottes kann man überleben.

Ich habe es schon ein paarmal erzählt, ich muss es immer wieder erzählen, ich will es nicht vergessen: es ist Coronazeit, die Altenheime sind plötzlich von einem Tag auf den anderen zu. Meine Mutter ist drin und ich bin draußen. Meine Angst, sie könnte erkranken und sterben und ich könnte nicht zu ihr, ist groß. Zum Glück ist meine Mutter nicht dement, wir telefonieren, jeden Tag. Und weil man nicht jeden Tag was zu erzählen hat, mache ich das, was ich sonst auch gemacht habe, wenn ich sie besucht habe, ich lese am Telefon die Losung vor und den Bibeltext für den jeweiligen Tag. So haben wir gelebt, meine Mutter und ich, so haben wir überlebt, mit dem Gratiswort der Bibel. Wohlgemerkt, es war nicht alles gut, die Angst kam immer wieder, die Anspannung war groß, aber wir konnten nichts tun, als uns in die Hände Gottes zu begeben. Und ich kam auch nicht auf die Idee, Gott ein Tauschgeschäft an zu bieten, nach dem Motto, wenn, dann …

Es hat sie immer wieder gegeben in meinem Leben, diese Situationen, wo ich mit leeren Händen dastand und merkte: alles gratis, ich überlasse mich der Gnade Gottes. Daran will ich mich erinnern, wenn sie mir fehlen sollte, die Anerkennung durch den Beruf.

Bei Gott bin ich anerkannt, und das wird so bleiben, Beruf hin oder her, – alles gratis.

Detmold im Juni 2025 Alternativer Schluss:

Es ist Samstag der 3. Mai, wir fahren für einen Tag auf den Kirchentag, mein Mann und ich. Vor allem, weil wir Mariann Edgar Budde erleben wollen, die Frau, die Anfang des Jahres dem mächtigsten Mann der Welt, dem US Präsidenten Donald Trump, ins Gewissen gepredigt hat. Dabei hat ein einziges unscheinbares Wort Furore gemacht: Barmherzigkeit. Seien Sie barmherzig, Mr. President, bat Mariann Edgar Budde den Präsidenten, mit all denen, die jetzt in Angst und Schrecken leben…

Ein einziges Wort der Bibel hatte so viel Sprengkraft, dass der Präsident eine Entschuldigung von der Bischöfin forderte, die sie verweigerte, woraufhin er sie übel beschimpfte, sie tauge nichts und müsse weg. Ich war neugierig auf diese Frau, die durch das Wort der Bibel so stark ist, dass sie die Nicht- Anerkennung des mächtigsten Mannes der Welt aushält. Wir erlebten in Hannover, dass die Menschen herbeiströmten, so dass schnell zwei Messehallen voll waren, dass Menschen so andächtig lauschten, dass man hätte eine Stecknadel fallen hören können, weil man kein Wort dieser Frau verpassen wollte.

Und dabei sprach sie ‚nur‘ darüber, wie Jesus sich zu den Armen und Kranken und Schwachen gebeugt habe und zitierte schlicht die Bibel. Ich habe einen Menschen erlebt ohne Dünkel oder Allüren und sie hätte sich wahrlich was einbilden können auf ihre Anziehungskraft. Ich bin da, sagte sie auf dem Kirchentag, ich bleibe und erfülle meinen Auftrag, Gottes Wort zu predigen und es war durchaus klar, dass sie wusste, es kann gefährlich werden. Es gibt viele Geschichten in der Bibel, die von Rettung in höchster Not berichten, sagt sie, aber auch wenn Rettung ausbleibt, bin ich in Gottes Hand.

Ich habe eine Frau erlebt, die uns ihre Zuhörer*innen bat, für sie zu beten und die uns versprach, für uns zu beten. Ich bin nach Hause gefahren mit dem Eindruck: das bloße Wort Gottes gibt Menschen eine unglaubliche Stärke, ein erstaunliches ‚standing‘. Man kann mit dem Wort Gottes leben und überleben. Im Wort Gottes lese ich von meiner gratis Anerkennung bei Gott; auf gut biblisch heißt das, Zitat Jes. 55: (5) Siehe, Heiden, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herrn deines Gottes ….. willen, der dich herrlich gemacht hat.Gratis, aus Gnade und Barmherzigkeit, anerkannt bei Gott – Beruf hin oder her.

Detmold, 29.6. 2025,

c.willwacher-bahr

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