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Robert Seethaler: das Café ohne Namen

Der Autor, der seit vielen Jahren für eine überaus feinfühlige Schilderung menschlicher Existenzen zeichnet, hat in seinem 2023 erschienenen Buch ein Café zum Ort des Geschehens erwählt. 

Es ist nicht eines der berühmten Wiener Kaffeehäuser, die einst von illustren Persönlichkeiten der Gesellschaft besucht wurden und heutzutage als Sehenswürdigkeiten Touristen aus aller Welt anziehen. Das kleine Café in einem heruntergekommenen Stadtteil, eröffnet von einem liebenswerten sogenannten armen Schlucker namens Robert Simon, der sich bislang als Gelegenheitsarbeiter im Wien der Nachkriegsjahre so durchgeschlagen hat, ist Anziehungspunkt für Menschen zweiter Klasse, die vorbeikommen, manchmal dort stranden. Kein Bildungsbürgertum, sondern Menschen mit rauher Sprache und verstörtem Gefühlsleben finden sich hier auf einen Kaffee, ein Bier, eine Limonade, ein Schmalzbrot ein.

Robert Simon, selbst ein Mann ohne Selbstbewusstsein und Eitelkeiten, mag seine Gäste, er hört zu, hilft, wo er kann. Der Fleischermeister von gegenüber, Mila, die Hilfsnäherin, René, der Ringer, die Prostituierte Rosa oder der Analphabet Arnie – diese und andere Menschen finden sich ein, jeder mit einer ganz eigenen Geschichte und einem unumkehrbaren Schicksal. Liebe, Verlust, Krankheit, Tod prägen den Horizont dieser kleinen, scheinbar so unbedeutenden Leute. Der stille Wirt begegnet ihnen allen mit Verständnis und Respekt.

In dieser spröden Atmosphäre versteht Seethaler es in besonderer Weise, nebenher das Milieu zu beschreiben, in dem die Akteure leben. Wien erhebt sich langsam aus den Kriegstrümmern, Zerstörtes wird abgerissen und wieder aufgebaut, die U-Bahn wird geplant. Vor dem geistigen Auge des Lesers werden die Umgebung des Cafés, Straßenbilder, Geräusche und Gerüche lebendig, Jahreszeiten ziehen über die Stadt hinweg und beeinträchtigen so manches Mal die angespannte Lage. Am Ende der Geschichte zieht ein gereifter und weiserer Robert Simon weiter auf der Suche nach dem persönlichen Glück…

„Man sollte sich immer ein bisschen mehr Hoffnung als Sorgen machen“, eine Lebensweisheit der älteren Kriegerwitwe, die Robert so manches Mal Mut gemacht hat, wird ihn begleiten. Wie auch die anderen Bücher des Autors Robert Seethaler sehr lesenswert!

Friederike Miketić

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