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Hedwig Eisenhardt, Gemeindemitglied

„Friedensarbeit war nun einmal meine Sache.“

„Meiner lutherischen Gemeinde hier, der ich nun schon 90 Jahre angehöre, fühle ich mich natürlich in ganz besonderer Weise immer noch eng verbunden, zugehörig, voller Dankbarkeit für alles, was sie mir gegeben hat, was ich in all den Jahrzehnten in ihr finden durfte.“

Hedwig Eisenhardt, Jahrgang 1922, war in den 1980er Jahren Mitbegründerin des Detmolder Friedensgebetes und übernahm als Mitglied der Landessynode im Landeskirchenrat und dem Synodalvorstand über 15 Jahre lang Verantwortung. Im Rahmen einer fröhlichen Nachfeier anlässlich ihres neunzigsten Geburtstages schenkte sie den Gästen am 1. Juni 2013 eine „kleine, dankbare Rückschau auf mein Leben als Mitglied der lutherischen Kirchengemeinde Detmold“:

„Mit großer Freude habe ich mich heute Abend aufgemacht, um mit Ihnen hier ein wenig zurückzublicken auf mein bisheriges Leben. Ich tue dies gern, voller Dankbarkeit unserem Herrgott gegenüber, der mich bis hierher geleitet hat.

Über 90 Jahre lebe ich nun schon in dieser unserer lutherischen Kirchengemeinde hier in Detmold, und zwar immer in demselben 1. Pfarrbezirk bis heute.

Denn mein ganzer Lebensweg seit 1922 ging von der Allee, wo ich mit nur kurzer Unterbrechung 32 Jahre lang in meinem Elternhaus wohnte, bis eben mal um die Ecke in die Palaisstraße, wo ich nun schon weit über 50 Jahre mit meiner anfangs wachsenden Familie wohne. Seit einigen Jahren – oder sind es schon Jahrzehnte – sind aber alle wieder nach und nach aus dem Elternhaus ausgeflogen, und ich bin allein.

Immer – in all den Jahren – war und ist diese lutherische Kirche hier in der Schülerstraße meine Kirche; hier war und ist meine Gemeinde.
Freude und Trauer

Hier wurde ich 1922 getauft und, ein ganz besonderes Fest, 1937 konfirmiert, später, 1954, auch getraut. Unsere vier Kinder wurden dann nach und nach hier getauft und auch nach und nach konfirmiert. Auch die Taufen von drei Enkelkindern fanden hier statt.

Die schönste Familienfeier mit Gottesdienst war für mich die zu unserer Goldenen Hochzeit 2004, das heißt vor nunmehr fast 10 Jahren; es war ein Gottesdienst voller Dankbarkeit und Freude für eine große Schar sich Mitfreuender, gestaltet von Frau Pastorin Willwacher-Bahr.

Doch schon nur zwei Wochen später kamen wir alle wieder in unserer Martin-Luther-Kirche zusammen, aber nun aus traurigem Anlass, nämlich zur Trauerfeier für meinen lieben Mann, der ganz plötzlich an Herzversagen gestorben war. Ein ergreifender Trauer-Trostgottesdienst – aber dann danach die schreckliche Leere für mich.

Sonntags nie ohne Gottesdienst

Doch nun wieder zurück – Jahrzehnte zurück – zu meiner Kindheit und Jugend, hier im Bereich der MLK. Die Kirche, und das heißt unsere Kirche hier, war für mich mehr und mehr nicht der Ort für Feste und Familienfeiern, sondern der für die allsonntäglichen Gottesdienste. Und da mein Vater jahrelang Kirchenältester war, war für ihn – und somit auch für mich – der Besuch des Sonntagsgottesdienstes selbstverständlich.

Schon als Dreijährige wurde ich sonntags mit den älteren Geschwistern zum Kindergottesdienst geschickt; anfangs ins Gemeindehaus in die Kükengruppe, wo wir auch immer schon das Kindergottesdienst-Blättchen kriegten, das ich nicht lesen konnte, aber stolz nach Hause trug.

Auch in den folgenden Jahren wurden wir drei Eberts-Kinder regelmäßig sonntags zum Kindergottesdienst geschickt. Zur Zeit meines Konfirmandenunterrichts war die Teilnahme am Hauptgottesdienst eigentlich ein „Muss“. Aber das wurde zur Zeit des Nationalsozialismus – 1936 – von vielen Mitkonfirmanden nicht mehr so ernstgenommen (anders allerdings bei uns zu Hause!).

Innere Konflikte

Ich erinnere mich noch heute an einen Sonntag, an dem ich – wie immer – das Gesangbuch in der Hand mit meinem Vater zum Gottesdienst ging, obwohl ich eigentlich zum „Dienst“ bei den Jungmädeln hätte gehen müssen.
Als wir in die Lange Straße einbogen, verbarg ich mein Gesangbuch unauffällig im Mantel, damit niemand sah, dass ich zur Kirche ging statt zum angesetzten Dienst bei den Jungmädeln. Dafür schäme ich mich noch heute!

Im Jahr meines Konfi-Unterrichtes 1936 bekam ich Scharlach und musste auf den Tag genau sechs Wochen auf der Isolierstation des hiesigen Krankenhauses verbringen, völlig allein in einem ganz kleinen Zimmer ohne jeglichen Besuch, auch nicht von den Eltern; nie einen Gesprächspartner, nie ein tröstendes Wort, auch kein seelsorgerisches. Natürlich versäumte ich auch sechs Wochen den Konfi-Unterricht.

Nach der Entlassung aus dieser Isolation musste ich zum Einzelunterricht zum Pastor in seine Wohnung, was ich gar nicht gerne tat. Beim Gottesdienst – allsonntäglich – saß ich oft ganz allein vorn links in der zweiten Bank, die für uns Konfirmandinnen bestimmt war. Verständlich, dass ich mich dort auch nicht allzu wohl fühlte!

Mit meinem Konfirmationsspruch konnte ich damals leider wenig anfangen, obwohl er sicherlich mit Bedacht für mich ausgewählt war. Er lautet: „Halte, was Du hast, dass niemand deine Krone raube!“ Was sollte ich damit anfangen damals?? Festhalten, was ich besitze?? Sollte ich nicht lieber gemahnt werden, abzugeben, zu teilen mit anderen??

Und dann: …deine Krone raube?? Die „Krone“, die gehörte für mich in den Bereich der Märchen, der früheren Geschichte! Außerdem: Sollte ich etwa mit der „Krone“ mehr sein wollen als die anderen?? Nein, damit konnte ich damals als gerade 14-jährige wirklich nichts anfangen. Später dann aber durchaus!

In meiner ganzen Schullaufbahn hatte ich seinerzeit damals kaum Religionsunterricht. Seit 1937 – ich war damals vom hiesigen Lyzeum zur Aufbauschule übergewechselt, nie Religion als Schulfach. Ob ich das damals vermisst habe? Ich glaube kaum.

Ich war als Jugendliche auch in keiner kirchlichen Jugendgruppe, stattdessen aber jahrelang bei den Jungmädeln, das heißt im Bereich der Hitlerjugend, wo ich auch Führerin war. In der NSDAP war ich nie Mitglied. Das konnte ich, als ich als 18-Jährige schriftlich von der Parteizentrale zum Eintritt aufgefordert wurde, durch meinen Umzug nach Freiberg (zum Studium) vermeiden. Doch der erfolgte dann erst sehr viel später.
Im Jahr 1940, als ich in Klasse 12 mich langsam auf das Abitur vorbereitete, rief kurz vor Weihnachten eines Tages der Schulleiter – der übrigens ein ganz engagierter Führer in der NSDAP war – bei meinem Vater an und sagte – für uns völlig unvermittelt, er aber voller Stolz –, ich müsse mir sofort eine Arbeitsstelle in einem kriegswichtigen Bereich suchen, da meine Klasse ab 1. Januar geschlossen würde, denn alle Mitschüler hätten sich freiwillig zur Wehrmacht gemeldet. Das traf mich damals völlig ratlos. Wo sollte ich mich einsetzen??

Dazu gab er keinerlei Hinweise…

Wie diese Geschichte weitergeht und die anderen vierzehn Beiträge von Zeitzeugen unserer Gemeinde können Sie in dem Buch „Gemeindegeschichten“ lesen, das Sie für 12,00 EUR im Gemeindebüro erwerben können.

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