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Predigten von gestern: Reinhold von Hören Pfingsten 1993

Predigten von gestern

Kanzel der Martin-Luther-Kirche, Detmold
Kanzel der Martin-Luther-Kirche, Detmold

Gemeinde wird gebaut durch Wort Gottes und Sakrament. Dabei ist die Verkündigung des Wortes Gottes immer eine Auslegung der Bibel in einer bestimmten Zeit an eine konkrete Gemeinde von einem bestimmten Prediger: das heißt, hier gehen Bibelauslegung, Zeitgeschehen und Biografie des Predigers Hand in Hand. 

Wir stellen Ihnen, liebe Gemeindeglieder, in den Gemeindebriefausgaben dieses Jubiläumsjahres interessante Predigten von ehemaligen Pastoren unserer Gemeinde vor. Wir beginnen mit dem Abdruck einer Predigt von Pfarrer Reinhold von Hören, Pfarrer im 4. Pfarrbezirk der lutherischen Gemeinde von Februar 1958 bis April 1989, verfasst am 1. Pfingsttag 1993.

Christa Willwacher-Bahr

„Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!“

 

PfingstPredigt – 1. Pfingsttag 1993

Liebe Gemeinde!

Lassen Sie mich zuvor der übergroßen Freude Ausdruck geben, dass ich nach langer schwerer Krankheit wieder unter Ihnen sein darf, um in diesem Pfingstgottesdienst die Predigt zu halten. Ich hoffe, mich sprachlich bis zur letzten Reihe verständlich machen zu können. Drei Wochen Koma auf der Intensivstation, zum Teil mit Tubus, hinterlassen Spuren.

So tue ich heute, was ich in meinem Dienst immer getan habe, die Botschaft von Jesus Christus zu verkündigen. Vielleicht heute mit noch größerer Leidenschaft und Hingabe!

Ich möchte in dieser Predigt versuchen, den Pfingstbericht des Evangelisten Lukas von dem letzten Wort Jesu aus dem heutigen Evangelium zu deuten. Jesus sprach zu seinen Jüngern: „Meinen Frieden lasse ich Euch, meinen Frieden gebe ich Euch. Nicht gebe ich Euch, wie die Welt gibt. – Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!“ In Jerusalem herrschte damals Festtagsstimmung! – Was sage ich? Man feierte, wie man im Orient zu feiern versteht! Dazu ein doppeltes Fest.

Erntedankfest zunächst: Jubel und Dank über die eingebrachten Erstlingsgaben.„Halleluja! – Der Geist des Herrn erfüllt den Erdkreis. – Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre. – Du lässt Deinen Odem ausgehen, so werden sie geschaffen. – Du erneuerst die Gestalt der Erde!“ […] Erntedank und Erntefreude! Jubel über die Fülle der Schöpfungsgaben! Man darf sich der Erde freuen!

Pfingsten war zum anderen auch: Feier der Thora! Erinnerung für Gottes lebensspendendes Wort! So der Eingangspsalm: „Der das All umfasst, kennt jede Sprache. Gott ist wundersam in seinem Heiligtum. Er wird seinem Volk Macht und Kraft geben!“ […] Das Volk aber antwortete auf die Botschaft der Thora: „Herr, ich habe Lust zu Deinem Gesetz und bedenke es Tag und Nacht!“

Wie einst die zwölf Stämme Israels sich alljährlich zum Fest der Bundeserneuerung zusammenfanden, so waren hier  – wie Lukas berichtet – Menschen aus zwölf Nationen zusammengeströmt nach Jerusalem (!) – „von aller Welt Enden.“ Es sollte ein großer Tag werden, da Gott den neuen Bund bekräftigt!

Als Erntefest beganns – als Fest der Thora wurde es vertieft, damit jedermann in Erinnerung gerufen werde, wie es am Schluß des Gleichnisses vom Reichen Mann und armen Lazarus heißt: Nicht die spektualäre Sensation einer Totenauferstehung bringt den Menschen das Heil  – sondern dies: „Sie haben Mose und die Propheten, lass sie die hören!“ […] Oder die unüberhörbare Mahnung: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne – und nähme Schaden an seiner Seele!“ – Ja, was hülfe es?

So wurde dieser Tag zum Dritten ein Fest, da Gottes Geist den Erdkreis erfüllt mit Feuer und Sturmesbrausen. So und nicht anders entsteht und besteht Kirche, da die Pforten der Hölle sie nicht überwinden werden. […]

Wie aber geht das, liebe Gemeinde, nun zusammen: Heiliger Geist mit Feuer- und Sturmesbrausen – und „Meinen Frieden gebe ich Euch!  – Nicht wie die Welt gibt.  – Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!“

Wenn Gott am Werke ist, dann ist da auch immer: Furcht und Schrecken! – So, wie am Ostermorgen – so auch hier! Aber Frieden will doch offenbar jedermann: für sich, in der Ehe und Familie, in der Verwandtschaft, in unserem Volk, ja unter allen Völkern! Die vielfachen Friedensbewegungen signalisieren das doch! Aber Jesus sagt: „Frieden gebe ich Euch  – aber nicht, wie die Welt gibt!“ Es muß da offenbar noch ein Unterschied sein! An einer anderen Stelle im Neuen Testament sagt Jesus: „Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert!“

Reinhold von Hören 2
Reinhold von Hören

Ich versuche, das zu erläutern: Der auf den ersten Blick so liebenswerte Pazifismus führt nicht ohne weiteres zum Frieden – zumal, „wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt!“ Seltsam übrigens, wie man in diesen „Friedensgruppen“ manchmal erstaunliche Unterschiede zu machen versteht: Für die einen geht man auf die Straße – mit Recht – und sucht die Massenmedien zu mobilisieren – während andere Völkergruppen im Elend und ohne Fürsprecher umkommen. Wir brauchen ja nicht betroffen und voller Zorn nach Jugoslawien zu blicken. Genügt uns nicht Hoyerswerda und in der vorvergangenen Nacht Solingen? Fünf Frauen und Kinder gezielt verbrannt!

Aber liebe Gemeinde, es genügt nicht, in dieser Situation nach einem starken Staat und der Polizei zu rufen, damit sie den verdammten Schuldigen finden und aburteilen, damit wir ungestört weiterschlafen können. Wenn Jesus sagt, sein Reich sei nicht von dieser Welt, so ist er doch dem Unrecht in dieser Welt konsequent und oftmals voller Zorn entgegengetreten. […]

Die dunkle Negativ-Folie für Pfingsten ist Babylon! Da ist der Diabolus – der große Durcheinanderbringer am Werke. Es geschieht immer da, wo Menschen das Maß verlieren. Die Folge: Sie verstehen sich nicht mehr – sie reden aneinander vorbei! Es gibt nichts Schmerzhafteres auf Erden.

Der Friede Jesu ist kein bequemes Ruhekissen mit der Aufschrift: „Ruhe sanft!“ Beides gehört doch zusammen: Friede und Schwert – jedenfalls hier auf Erden. Es bedarf des Kampfes um den Frieden! Friedrich Nietzsche, Sören Kierkegaard und Karl Marx haben im vorigen Jahrhundert der Kirche und allem lauen Christentum den Marsch geblasen. Jeder auf seine Weise. Und sie konnten es! Ich wünschte mir für unsere Zeit solche vollmächtigen Rufer! […] Glaub-würdig muß unsere Botschaft sein, wie unser Leben! Pfingsten ist das Morgenlob der Kirche! Aber es geht nicht ohne Feuerflammen und Sturmesbrausen. Dabei muß das nicht immer mit lautem Getöse verbunden sein. Es kann dabei auch sehr leise zugehen. Im Alten Testament sprach Gott einmal überraschenderweise „im stillen, sanften Sausen“. Nur, ohne dass das Gold im Feuer geläutert wird, geht es nicht. Und das kann sehr schmerzhaft sein! Aber all das ist Heimsuchung – ist Einladung zur Heimkehr nach der Quelle unseres Lebens. Darum ist Jesu Friedensgeist auch Freude! Gibt es etwas Größeres, Wichtigeres und Schöneres, als sich von IHM rufen und dann auch wieder in Frieden senden zu lassen? […]

Das allein hat und bringt uns Hoffnung!

Amen.

Reinhold von Hören

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