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Martin Luther und der Weihnachtsbaum

Es war einmal ungeheuer populär – das Bild von Martin Luther am Weihnachtsabend. Die Laute auf den Knien sitzt er neben seiner geliebten Käthe. Den Kleinsten hält sie auf dem Schoß, die schon größeren Kinder des Reformators stehen um den Gabentisch herum. In der Mitte aber strahlt der festlich geschmückte Weihnachtsbaum mit seinen Kerzen, auf der Spitze ein goldener Verkündigungsengel. Ein nachdenklicher Philipp Melanchthon, der hinter Frau Luther auf die Stuhllehne gestützt ins weihnachtliche Leuchten schaut, und die alte „Muhme Lehne“ in ihrem warmen Ofenwinkel vervollständigen das Bild heimelig-weihnachtlicher Gemütlichkeit. Haben wir dem Reformator also etwa auch den Weihnachtsbaum zu verdanken?

 

Wie kam die Tanne ins Weihnachtszimmer?

Historisch betrachtet bleibt freilich vom Weihnachtsbaum in der Lutherstube kaum etwas übrig. Das Bild von der Weihnachtsfeier der Familie Luther entstand nämlich erst über 200 Jahre später. 1843 gestaltete es der Weimarer Kupferstecher C. A. Schwerdtgeburth für ein Kinderbuch, dessen Verkaufseinnahmen zur Unterstützung eines neu gegründeten Kinderheimes in den Räumen des ehemaligen Augustinerklosters in Erfurt dienen sollten. Da lag es wohl nahe, Martin Luther, der dort selbst einmal als Mönch gelebt hatte, und das Miteinander in seiner Familie zum Thema zu machen. Mit den historischen Quellen freilich nahm es der Autor nicht genau – die Familie Luther wurde vielmehr zur idealen Familie des 19. Jahrhunderts verklärt, in der der Vater zwar den Ton angibt, aber die Generationen doch voller Liebe zusammenhalten. Und wo wäre das wohl schöner zu erblicken als unter dem Weihnachtsbaum, wie er damals zumindest in den bürgerlichen Familien gerade allgemein üblich geworden war?

300 Jahre vorher jedoch, zu Luthers Zeiten, gab es Weihnachtsbäume in Stuben und Kirchen nur im Elsass. (Und dort erscheint denn auch schon 1642 eine erste kirchliche Polemik gegen die Sitte des Aufstellens von Weihnachtsbäumen.)

Als erster „Weihnachtsbaumlieferant“ der Deutschen ist Martin Luther also eine Fehlanzeige. Dennoch aber ist Martin Luther einer der ersten, von denen wir wissen, dass sie sich um die Gestaltung von Weihnachten als Familienfest tatsächlich Gedanken gemacht haben. Schließlich hatte er wie auch seine Frau Katharina lange Jahre im Kloster gelebt. Und als ihnen nun nach ihrer Heirat 1525 nach und nach fünf Kinder geschenkt wurden, mussten sie das Miteinander in der christlichen Familie erst einüben und auch neue Traditionen dafür erfinden. So geht der Brauch des weihnachtlichen Schenkens tatsächlich zumindest auch auf Luther zurück.

Aus dem Heiligen Nikolaus wird bei Luther das Christkind

Galt schon vorher der heilige Nikolaus aufgrund seiner Heiligenlegende, nach der er in verschiedenen Notsituationen heimlich Menschen beschenkt hatte, als winterlicher Gabenbringer, so führt wohl Luther selber für seine Kinder den „heiligen Christ“ als Vorläufer des Christkindes und eine Bescherung am Weihnachtstag in seiner Familie ein. „Lenchen, was wird dir der Heilige Christ bescheren?“ so fragt er in der Vorweihnachtszeit laut den Tischreden einmal seine damals zweieinhalbjährige Tochter Magdalene. Leider hat der eifrige Chronist aber die Antwort des kleinen Kindes nicht notiert…

In den Zusammenhang des im Hause Luther neu entwickelten familiären Weihnachtsfestes gehört auf alle Fälle sein bekanntes Weihnachtslied „Vom Himmel hoch“, das Luther 1535 unter dem Titel „Ein Kinderlied auf die Weihnacht Christi“ veröffentlicht hat. Ganz bewusst hat er dafür die einfache Melodie eines Spielliedes gewählt, mit dem sich die Kinder damals die Zeit vertrieben. Der Liedforscher Markus Jenny vermutet, dass es als Weihnachtslied zuerst am Weihnachtsabend 1534 im Hause Luther erklungen ist. Damals war gerade erst das „Nesthäkchen“ Margarete zur Welt gekommen. Vielleicht hat der damals achtjährige Hans Luther also in einem kleinen häuslichen Weihnachtsspiel die Rolle des Verkündigungsengels gesungen, seine drei kleineren Geschwister hätten dann die Hirten gespielt und um die Wiege des neugeborenen Geschwisterchens als Krippe herum getanzt.

Und schließlich – was wäre der Heilige Abend ohne die Lesung der Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2 im Wortlaut der Übersetzung von Martin Luther (wie sie sich jetzt in der neuen Lutherbibel wieder original findet)? Germanisten haben herausgearbeitet, wie sich das Sprachgenie Luther gerade bei der Gestaltung dieses Kapitels seiner deutschen Bibel nicht nur um eine angemessene Wiedergabe des Originals, sondern auch bis in den Klang einzelner Vokale hinein um den Wohllaut der deutschen Sprache bemüht hat.

Also: auch ohne Weihnachtsbaum – Martin Luther war ein „Weihnachtschrist“. Die Mühe, die er sich mit der Gestaltung auch der häuslichen Weihnachtsfeier gemacht hat, entspricht dabei ganz und gar der Bedeutung, die der Inhalt des Weihnachtsfestes für seine Theologie hatte.

Dass Gott wahrhaftig Mensch geworden ist, um in Christus seinen Menschen wirklich und bleibend nahe zu sein: darum kreisen Luthers Gedanken nicht nur in seinen Weihnachtspredigten. „Lass deine Augen nirgend anders wohin sehen als auf dieses Kind. Dann freuen sich die Engel mit dir, die Nacht wird zu Licht, die Krippe wird zum Paradies, und der Stall stinkt nicht, sondern riecht aufs Beste und ist ein Engelsort.“ Denn: „Wir fassen keinen anderen Gott als den, der in jenem Menschen ist, der vom Himmel kam. Ich fange bei der Krippe an.“

Frank Erichsmeier

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